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Träume vom Fließband

Bild von Kevin Phillips auf Pixabay
Bild von Kevin Phillips auf Pixabay

Die Begriffe Eskapismus und Mythos sind mit dem Diskurs über Hollywood verbunden seit uns der Film atemberaubende Geschichten erzählt und beeindruckende Bilder liefert, die unser Herz berühren. Die Aneinanderreihung von Bild- und Tonsequenzen - zunächst ein rein technischer Vorgang - kann uns aus unseren jeweiligen Realitäten in eine Traumzeit und einen Traumraum entführen. Das gilt auch für Filmschaffende selbst und funktioniert heute so gut wie vor über einhundert Jahren, als die Filmkunst noch in Kinderschuhen steckte und die Bilder erst laufen lernten.

 

Der Wunsch nach Kreation des Außeralltäglichen hat herausragende Persönlichkeiten hervorgebracht, die wesentlich dazu beitrugen, dass Hollywood zum Weltzentrum der Filmindustrie avancieren konnte. Zum Großteil waren das (ost-)europäische Einwanderer, die sich nicht nur per Schiff auf den Weg über den großen Teich machten, sondern sich auch auf eine große virtuelle Traumreise begaben, die den "American Dream", den Traum von Ruhm und Reichtum, von Freiheit und vielleicht sogar Unsterblichkeit träumten, um uns jenen enthusiastischen Zustand zu bescheren, der die Faszination des Films ausmacht.

Black Maria

Mit schottischen WurzeIn 1860 in Frankreich geboren und zeitweise in London aufgewachsen, übersiedelte der erste Pionier der Filmgeschichte William Kennedy Laurie Dickson im Alter von 21 Jahren mit seiner Familie in die USA, wo er zwei Jahre später begann, Thomas Alva Edison als Konstrukteur zu assistieren. Dickson entwickelte den Kinetograph (eine elektrisch betriebene Filmkamera) und das Kinetoskop (ein beleuchteter "Guckkasten"), die ersten einsatzfähigen Instrumente für die Aufzeichnung und Wiedergabe von bewegten Bildern.  Er war ein außerordentlich vielseitig interessierter und talentierter Mensch und daher mehr als Edisons Assistent. Er war Autor, Regisseur, Kameramann und Produzent in einer Person und darüber hinaus auch Maler, Höhlenforscher, Fotograf und Musiker.

 

Es sollten weitere zehn Jahre vergehen, bis er auf dem Gelände von Edisons Laboratorien in West Orange, New Jersey, das erste kommerzielle Filmstudio der Welt baute. Weil Kinetographen groß und schwer waren und Filme in Serie produziert werden sollten, war die Fertigung in den Laborräumlichkeiten nicht umsetzbar. Das kleine Haus musste aufgrund der notwendigen Lichtverhältnisse dem Sonnenstand folgen. Deshalb stand es auf einer rollenden Drehscheibe und das Fenster des mit schwarzer Teerpappe gedeckten Daches ließ sich je nach Tageszeit öffnen und wieder schließen. So ähnelte es den "Black Marias", den schwarz lackierten Pferdekutschen, mit denen die Polizei Strafgefangene beförderte und die namensgebend für das Studio waren.

 

In der ersten Januarwoche 1894 entstand dort als erster Film "Fred Ott’s Sneeze", der den Protagonisten beim Tabakschnupfen und Niesen zeigt. Es folgten Filme mit Annabelle Whitford, die für ihren Fächertanz bekannt war und mit Annie Oakley, die in „Buffalo Bill‘s Wild West Show“ (eine Vorläuferin des späteren Western) zu sehen war. 1896 folgte die erste Leinwandfilmprojektion.

 

Bis 1901 wurden dort Kurzfilme für die Edison Manufacturing Company, die Kinetoskopen produziert. Anschließend zog das Studio nach New York City um. Seit 1981 gibt es in New Jersey das „Black Maria Film Festival” (jetzt "Thomas Edison Film Festival).

Der "Trust" und die europäischen Immigranten

Alles begann mit dem Traum von Thomas Alva Edison von einer Maschine zur Aufnahme und Wiedergabe von Bildsequenzen und deren kommerzielle Nutzung. An der Produktion von "Software" (Filmen) war er zunächst nur interessiert, um den Verkauf seiner "Hardware" (Kameras und Projektoren) zu forcieren. Doch angesichts der ersten Erfolge gründete er die Motion Picture Patents Company (MPPC), genannt "Trust". Ziel war die volle Kontrolle des amerikanischen Kinomarkts. Doch der „Trust“ akzeptierte nur etwa 4.000 der existierenden 6.000 US-Kinos als Abnehmer. Die übrigen, vor allem die kleinsten, sollten vom Markt weichen, um den Film zu einem angesehenen bürgerlichen Unterhaltungsmedium zu transformieren. Die über 2.000 Kleinunternehmer wehrten sich und Edisons Traum von der Macht des Filmoligopols sollte platzen wie eine Seifenblase.

 

In ihrem ersten Geschäftsjahr lag der Marktanteil von Edisons MPPC bei nahezu 100 %, vier Jahre später hatte sie 50 % verloren und wurde von einem US-Bundesgericht 1915 als „illegale Verschwörung“ zur Auflösung gezwungen, mit weitreichenden Folgen für das angelsächsische Ostküsten-Unternehmertum.  Es verlor seine Macht an Südkalifornien und vor allem an filmverrückte europäische Einwanderer, allen voran Carl Laemmle, der bereits 1909 die Filmproduktionsfirma Independent Motion Picture Company an der Ostküste gegründet hatte.

Ein seltsam weltentrückter Ort

Der Mann aus Oberschwaben war also kein Neuling des Filmgeschäfts mehr, als er eine Hühnerfarm hinter jenem Hügelzug erwarb, der 1923 mit dem Schriftzug "HOLLYWOODLAND" ausgestattet wurde. Kaum 100 Menschen lebten damals dort. Hier wollte er viele traumhafte Bilder und viele fantastische Geschichten für viele Menschen produzieren: Carl Laemmle eröffnet 1915 auf dem 170 Hektar großen Gelände die Universal City Studios. Eine Filmfabrik, erbaut aus den Träumen eines deutschen Immigranten, auf einem Fundament aus romantischer Mythologie. 17 Jahre war er jung, als er in die USA auswanderte.

 

Das Dorf, in dem einst Apfelsinenbäume auf Plantagen standen, liefert seither Träume für die ganze Welt. Der nordwestliche Stadtteil von Los Angeles im US-Bundesstaat Kalifornien bedient seit über einhundert Jahren den Mythos Amerika.

Der Traum vom zivilisierten Westen

Es ist kein Zufall, dass 1903 der erste Erzähl- und Actionfilm "Der große Eisenbahnraub" ein Western war, denn die Rolle der Siedler in der neuen Welt ist ein wesentliches Element des US-amerikanischen Selbstbildes. Der Film dauerte zwölf Minuten und entstand noch in Fort Lee (New Jersey) unter der Regie von Edwin S. Porter, wo sich aufgrund der Nähe zu New York City eine blühende Filmwirtschaft entwickelt hatte. In diesem Hollywood der Ostküste schuf Porter die ersten effektbewussten Montagen und Verfolgungsjagden.

 

1910 drehte der Filmpionier David Wark Griffith (ursprünglich Autor und Schauspieler) dann den ersten Western in Hollywood, einen siebzehnminütigen Stummfilm namens „In Old California“: Hier träumt der Apotheker Tom Craig vom Reichtum durch Gold und zieht deshalb von Boston nach Sacramento (Kalifornien). Als die Monopolstellung von New York als Filmhauptstadt 1915 gebrochen war, verlegte  Griffith  sein komplettes Film-Headquarter nach Hollywood. Hier war das Wetter für Außenaufnahmen besser und die Löhne niedriger. Sein dreistündiger Bürgerkriegs-Monumentalfilm „The Birth of a Nation“ wurde zum beispielhaftesten Werk der 1910er Jahre.

 

Der Western ist wichtig für das Verständnis der amerikanischen Seele. Zentrales Thema ist die Schaffung einer all-american identity, die Durchsetzung des US-amerikanischen Verständnisses für Recht und Ordnung und der Traum, diejenigen, die bisher noch nicht in den Genuss der Vorzüge amerikanischer Lebensweise geworden sind, zu kolonialisieren und mit dem zu beglücken, was die Pilgerväter einst als ihre Werte hochhielten. Das selbstverständlich nicht vorrangig aus altruistischen Gründen, sondern es geht um den Kampf um Ressourcen, d. h. Lebensraum und Bodenschätze.

 

Das Wilde (Land, Indianer und Gesetzlose) im/am Westen soll besiegt, zivilisiert und notfalls vernichtet werden. Der Western hat mit dem Kampf des vorbildhaften Helden gegen den bösen Schurken daher immer ein polarisierendes Element und zeigt noch eine weitere Dimension: Der Held sammelt in der Rohheit der Wildnis existenzielle Grenzerfahrungen und findet das sog. "Frontier Land" nicht nur im Außen, sondern in sich selbst. Schließlich siegen er und die Zivilisation, inmitten der Unzivilisiertheit.

 

Der wilde Westen ist Schauplatz zahlreicher Hollywood-Meisterwerke und hat seinen Platz im Kino über Jahrzehnte behaupten können. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Endzeit-Western. Er braucht als Schauplatz nicht notwendigerweise das Gebiet westlich des Mississippi, sondern kann überall stattfinden und dennoch mit den genannten Motiven die selben Narrative bedienen, die fest in der Mentalität der US-amerikanischen Gesellschaft verankert sind. Indianerkriege, Bürgerkrieg, Urbanisierung und wirtschaftliche Prosperität - der Mythos Wilder Westen und der Traum, die Welt zur amerikanischen Rechts- und Wirtschaftsordnung zu bekehren, indem die vorhandene Ordnung zunächst ausgelöscht wird, gehört untrennbar zur amerikanischen Geschichte und Legendenbildung.

 

Wir denken dabei an John Wayne, der nicht nur Schauspieler, sondern auch Produzent und Regisseur war. Seine Filmografie ist umfangreich, ebenso wie die weiterer Darsteller dieses Genres, z. B. Clint Eastwood, Henry Fonda, Gary Cooper, Paul Newmann, Robert Mitchum, Steve McQueen, Charles Bronson und Yul Brunner. Bei den Damen haben wir Grace Kelly, Katy Jurado, Claudia Cardinale, Natalie Wood und Marilyn Monroe im Sinn.

 

Obwohl das Genre vorwiegend männlich besetzt ist, kommt meist eine Frau vor, die häufig zwischen den Fronten steht, die handlungsleitend ist und zeitweilig sogar maßgeblich am sich zuspitzenden Konflikt beteiligt ist, der üblicherweise in einem spektakulären Showdown sein Ende findet.

 

Hier exemplarisch eine Auswahl bedeutender Werke:

  • Der große Treck (1930)
  • Ringo (1939)
  • Black River (1939)
  • Zwölf Uhr mittags (1952)
  • Der Scharze Falke (1956)
  • Der Wildeste unter Tausend (1963)
  • Misfits - Nicht gesellschaftsfähig (1961)
  • Die glorreichen Sieben (1960 und 2016)
  • Sacramento (1962)
  • Der Mann, der Liberty Valance erschoss (1962)
  • El Dorado (1966)
  • Spiel mir das Lied vom Tod (1968)
  • Zwei Banditen (1969)
  • Der mit dem Wolf tanzt (1990)
  • Django Unchained (2012)
  • The Hateful Eight (2015)

die goldene TraumZeit des Klassischen Hollywoodfilms

Das klassische Hollywood-Kino - auch  „Golden Age“ / „goldene Ära“ - genannt, bezeichnet  die Zeit zwischen den frühen 1930er und späten 1950er Jahren. Im Hinblick auf die Produktionsweise standen hier Genrekonventionen im Vordergrund, die bereits während der 1910er Jahre entstanden sind. Das galt sowohl in Bezug auf die Auswahl der Schauspieler, als auch bezüglich der Filmtechnik, die sich grundlegend von europäischer Filmkunst unterschied. Die besondere Art der verbalen und visuellen Erzählung und der stark automatisierte Produktionsprozess ist charakteristisch für die spezielle Filmästhetik des klassischen Hollywoodstils.


Es gab genrespezifische Regeln für Kameraleute, Schnittmeister, Drehbuchautoren, Komponisten, usw.,  denen sich auch der Handlungsaufbau unterordnen musste. So wurde z. B. durch "unsichtbaren Schnitt", d. h. den für das Auge nicht zu erfassenden Übergang der einzelnen Kameraeinstellungen, ein konstanter Bewegungsfluss erzeugt, der die Rezipienten in Kombination mit der Narration  in die Story integrierte und verhinderte, dass sie außen vor blieben. Nach der Einführung des Protagonisten in die Handlung geriet dieser in einen Konflikt (mit sich selbst oder anderen), der sich zum Schluss durch glückliche Fügung oder auf anderem Weg auflöste. So lief jede klassische Hollywoodfilmstory ab und führte immer zum Happy End. Darauf war Verlass und das führte zu kommerziellem Erfolg. Diese formalen Vorgaben boten erst einmal wenig Raum für Träume der an der Produktion beteiligten Personen, waren aber notwendig, um die Komplexität der Realität zumindest für die Dauer des Films auszuschalten und so den Zuschauern das Träumen zu ermöglichen.

 

Komödien und Filme, bei denen wohlhabende Menschen die Protagonisten waren, bedienten den Eskapismus während der Großen Depression. In dieser Zeit entstanden Filme wie „Goldgräber“ (eine Warner Brothers-Produktion) oder „42nd Street“. Der Film „Philadelphia Story“ (deutscher Titel: „Die Nacht vor der Hochzeit“) mit Cary Grant, Jimmy Stewart und Catherine Hepburn ist ebenfalls hier einzuordnen. Es war auch die Zeit der Kinderstars (Sherley Temple, Judy Garland und später auch Natalie Wood). John Wayne drehte Western, Judy Garland agierte in Musicals, Joan Crawford fand man in Melodramen und Errol Flynn war für den Abenteuerfilm reserviert.

 

Innerhalb dieses starren Systems schufen geniale Regisseure wie Frank Capra, Howard Hawks, John Ford, Alfred Hitchcock, John Huston oder Billy Wilder Meilensteine der Filmgeschichte, die als Grundlage und Maßstab für alles dienten, was später produziert wurde. Vor allem wegen ihrer hervorragenden handwerklichen Grundqualität waren "Golden Age"-Filme stilbildend. So findet man in Hollywoodproduktionen noch heute z. B. die markantesten Klangebenen, die besondere Klangerlebnisse ermöglichen.

 

Eine Zäsur des klassischen Hollyoodstils stellte der sog. "Film Noir" dar, der seine Wurzeln u. a. im deutschen expressionistischen Film der 1920er Jahre hat. Filmhistorisch wird dessen Entstehung mit den folgen der großen Wirtschaftskrise und den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs in Verbindung gebracht. In dieser desillusionierenden Zeit verlangte das Publikum nach Sarkasmus im Film. Dazu gehört zweifellos "Die Spur des Falken" (1941) mit Humphrey Bogart und auch "All about Eve" mit Bette Davis und Marilyn Monroe, "Frau ohne Gewissen" und "Boulevard der Dämmerung", beide von Billy Wilder, "Der Fremde im Zug" von Alfred Hitchcock und "Niagara" mit Marilyn Monroe.

 

Meist gibt es einen scheiternden Antihelden. Charakteristisch ist dessen Entfremdungsprozess, es herrscht eine pessimistische Grundstimmung an meist urbanen Schauplätzen und es gibt kein Happy End. Eine wirklich klare Abgrenzung dieses Genres ist aufgrund fließender Übergänge oft schwierig, so z. B. bei dem Film "Ist das Leben nicht schön?" mit James Stewart: Hier wird wird zwar eine düstere Atmosphäre vermittelt, mit den üblichen Schwarz-Weiß-Kontrasten, dennoch ist er als Tragikomödie einzuordnen.

 

Teilweise wurde das Thema Politik und Krieg auch in die Handlung integriert, so z. B. in "Casablanca" aus dem Jahr 1942 und "Der große Diktator" (1940) mit Charlie Chaplin. Regisseure hatten im Krieg gedient und ließen ihre Erfahrungen in ihre Arbeit einfließen. Auch Edgar Hoovers Traum von einem von kommunistischen Untrieben befreiten Amerika und die 1947 startende "Hexenjagd" hatte Einfluss auf die weitere Filmgeschichte Hollywoods.

Der Traum vom ewigen leben

Es gibt Vertreter der Medienphilosophie, die den Kern allen Filmschaffens in der Überwindung des Todes durch Projektion der Darsteller auf die Kinoleinwand sehen. In der Tat hat das Kino Stars wie  Marilyn Monroe, Charlie Chaplin, Greta Garbo und Humphrey Bogart, usw. eine spezielle Form der Immortalität geschenkt. Einige mögen tatsächlich davon geträumt haben, andere vielleicht nicht. Wir wissen es nicht genau. Sicher ist jedoch, dass der Begriff "Geschenk" hier deplatziert ist, denn dieser Status musste hart erarbeitet werden: Hollywood erschuf und überhöhte seine Filmstars, dabei wurde nichts dem Zufall überlassen.

 

In der intensiven Gründungsphase der Filmbranche in den 1910er Jahren  nahm das "Star System" in Hollywood seinen Anfang  und hatte sich in den 1920er Jahre fest etabliert. Es zeigte sich nämlich rasch, dass Filmstars, mehr als die Story selbst, die Zuschauer ins Kino lockten. Der erste "Star", der sich eine Jahresgage von seinerzeit sagenhaften 100 000 Dollar erkämpfte, war 1915 die 22-jährige Mary Pickford. Charles Spencer Chaplin, den der Urvater des Slapstik-Kinos und Erfinder der Sahnetortenschalacht Mack Sennett erst Ende 1913 nach Hollywood gelockt hatte, war der erste männliche Spitzenverdiener in Hollywood. Beide gründeten 1919  zusammen mit David Wark Griffith und Douglas Fairbanks sen. die Produktionsfirma "United Artists" und investierten dort ihr Kapital.

 

Nach außen sollte es stets den Anschein haben, als sei jemand plötzlich zum Filmstar geworden. Tatsächlich war der Aufbau der betreffenden Person ein rationaler, teils langwieriger und bis ins Detail durchorganisierter Prozess, inklusive optimiertem Lebenslaufentwurf. Zum Star wurde man "gemacht", um ihn anschließend durch Exklusivverträge an ein Filmstudio zu binden und um ihm Drehbücher auf den Leib zu schreiben. Ziel war selbstverständlich stets der kommerzielle Erfolg am Markt.

 

Der wirtschaftliche Erfolg bestätigte die Sinnhaftigkeit dieser  Vorgehensweise und rechtfertigte die Forderung an die Schauspieler, sich anforderungskonform zu verhalten.

 

Die Systemzwänge, denen man sich unterwerfen musste, verhinderten weitestgehend die eigene persönliche und künstlerische Entfaltung - vor und hinter der Kamera. Deshalb wurde das Starsystem seit Beginn der 1960er Jahre porös. Neue Merchandising-Konzepte wie und großzügigere Arbeitsverträge traten teilweise an dessen Stelle.

Goldgräberstimmung in der Stadt der Engel

Vor dem Ersten Weltkrieg waren Frankreich und Italien die international führenden Kino-Mächte gewesen und auch auf dem amerikanischen Markt stark präsent. Bis 1912 kamen 70 % der Filmproduktionen aus Frankreich. Bereits 1918 beherrschte jedoch Hollywood
85 % des Weltfilmmarkts. Hollywoods kräftig wachsendes Exportvolumen führte Mitte der zwanziger Jahre in vielen europäischen Ländern zu staatlichen Abwehrmaßnahmen. Die aber unterlief Hollywood durch Investitionen. In Deutschland etwa übernahmen Paramount und MGM rund 50 Prozent der Verluste des angeschlagenen Ufa-Kapitals und beanspruchten dafür die Hälfte des Angebots in den Ufa-Kinos. Umgekehrt hat sich Hollywood bis heute immer wieder durch den Import europäischer Talente gestärkt, man denke nur an die Abwanderung zahlreicher deutscher Schauspieler und Regisseure während des Nationalsozialismus in die USA.

 

Die kalifornische Filmwirtschaft konnte, im Gegensatz zu den Europäern, Filme als Massenware produzieren, sie durch eigene Verleiher und Kinos auf dem US-Markt vertreiben, um sie anschließend zu Dumpingpreisen auf dem Weltmarkt anbieten, da sie sich i. d. R. zwischenzeitlich amortisiert hatten. Darüber hinaus gab es Preisabsprachen zwischen den großen Filmstudios.Das „System Hollywood“ funktionierte gut und obwohl das Tonverfahren für den Film technisch schon umsetzbar war, sah man darin zunächst keine Notwendigkeit. Als der Tonfilm dann 1927 die Marktreife erlangt hatte und das erste Produkt dieser Art  „The Jazz Singer“ der Warner Brothers überaus erfolgreich war, schloss sich fast die gesamte Filmbranche an.

 

Seit dem Börsencrash 1929 kam es außerdem zu hohen Verlusten aufgrund der Inflation, Umsätze und Renditen sanken und der wirtschaftliche Druck ließ den letzten Skeptiker folgen, mit Ausnahme der kleinen, unabhängigen Filmfirmen, die mangels Konkurrenzfähigkeit den Anschluss verloren.  Hollywood beherrschte den US-Kinomarkt so monopolistisch, wie sich das Edisons MPPC einst erträumt hatte. Erst das  "Paramount Consent Decree" des US-amerikanischen Obersten Gerichts machte diesem Treiben 1947 ein Ende. Es durften keine eigenen Kinoketten mehr betrieben werden.

 

Automatisierung und Standardisierung der Arbeitsprozesse ermöglichen auch in Hollywood ein hohes Maß an Effizienz. Die Filmwirtschaft ist ein lukrativer Wirtschaftszweig der USA und die profitabelste Filmindustrie der Welt: In 2022 erwirtschaftete die US-amerikanische Filmindustrie 600 Mrd. $, das entspricht 8 % der Gesamtwirtschaftsleistung der USA.

 

Etwa 300.000 Schauspieler leben derzeit in Los Angeles. Während fünf Prozent von ihnen tatsächlich einen Job in der Filmindustrie ergattern konnten, träumen die restlichen 95 Prozent noch davon.

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