© Katja Tropoja
Die Philosphie setzt prämissenloses Denken voraus
Unser Denken kann ohne Prämissen auskommen, unser Erkennen jedoch nicht. Darüber hinaus ist der Prozess des Erkennens nicht voraussagbar und er findet keinen Abschluss. Er ist stattdessen stets fragmentarisch, diskontinuierlich und stark abhängig von weiteren Parametern. Die Darstellung und Untersuchung dieser Prämissen des Erkennens obliegt der Philosophie, die aber nur durch prämissenloses Denken möglich ist.
Der Eintritt in einen Raum der Wünsche und Möglichkeiten setzt gedachte Distanz voraus
Letztlich denken wir nach, weil wir auf der Suche nach uns selbst sind, denn Verlässlichkeit, Substanz und Absolutheit finden wir in erster Linie dort, nicht im Außen. Wenn wir unser Denken auf uns selbst fixieren und unser Leben nach uns selbst ausrichten, dann sind wir uns selbst genug und erst dann sind wir zu bedingungsloser Liebe fähig.
Alles, was objekthaft außerhalb von uns ist, kann nützlich und schön sein, ist aber letztlich nicht von Bedeutung. Eine Beziehung dazu bringt uns unserem Selbst nicht näher: „Am Objekt erlahmt unsere Freiheit“ - sagt Georg Simmel, weil wir es nicht assimilieren können. Es bleibt in seinem Sein unberührt. Es ist der Zustand der Befriedigung, der erstrebenswert ist, nicht das sachlich bedeutsame Objekt an sich:
„Erst der Aufschub der Befriedigung durch das Hindernis, die Besorgnis, das Objekt könne einem entgehen, bringt die Intensität des Wollens und die Kontinuität des Erwerbens.“
(Georg Simmel in: Die Philosophie des Geldes)
Von Bedeutung sind demnach der Entzug sowie die Distanz zwischen Wunsch und Wunscherfüllung, die Ergebnis des Denkens ist, nicht das Objekt selbst. Nur aus dieser gedachten Distanz kann ein Raum entstehen und dieser Raum heißt Möglichkeit. Er liegt stets in der Zukunft. Trotzdem können wir uns in der Gegenwart in ihm aufhalten. Die Distanz ist somit keine räumliche, sondern eine zeitliche, denn wir können den Raum der Möglichkeiten jederzeit betreten und auch immer wieder verlassen.
Die „Wahrheit“ der Welt ist ein Ergebnis unseres Denkens
Während wir das Objekt sinnlich erfassen und dabei Freude empfinden, gibt es sich uns hin. In der ästhetischen Freude hingegen bleibt das Objekt passiv, denn wir geben uns dem Objekt hin. Genuss und Nutzen scheinen dafür die Voraussetzung zu sein, ebenso Sinnhaftigkeit und Harmonie. Besonders attraktiv erscheint uns, was symmetrisch, ausgeglichen und ebenmäßig ist, was sich um ein Zentrum herum an- und einordnen lässt. Auch die Natur fordert Symmetrie, nämlich die der Seele. In der Natur der Seele liegt es wiederum, Unterschiedlichkeit zu schaffen, wo sich Gleiches bereits etabliert hat. Die Seele resultiert aus dem Zustand der Welt, deren „Wahrheit“ ein Produkt unserer Vorstellungen und das Ergebnis unserer Seelenarbeit ist. Dieses Weltbild „schwebt in der Luft“, wie G. Simmel sagt und ist „für niemanden ein Spiegelbild der Dinge an sich“. Was wir als Wahrheit bezeichnen, resultiert aus den wechselseitigen Beziehungen in einem Raum, der die Produkte unserer Imagination und Suggestionen beherbergt.
Das Denken ist die fundamentale Leistung unseres Geistes und die Bewusstseinsarbeit ist die bedeutsamste und folgenreichste unter den historischen Kategorien der Menschheit. Erst die durch Denken erzeugte Vergegenständlichung des Geistes schenkt dem Menschen (s)eine Welt.
Die Deutbarkeit von Ereignissen setzt Gegenwart und Vergangenheit gleichermaßen voraus
Nur aus der Erfahrung unmittelbarer Gegenwart heraus ist die Vergangenheit deutbar und lebendig. Die Gegenwart ist der Schlüssel zur Vergangenheit und umgekehrt gilt: Nur die Vergangenheit lässt uns die Gegenwart begreifen – eine ruhelose Gegenseitigkeit der Deutungselemente:
„Wenn wir historisch denken, so ist die Sele mit all ihren Formen und Inhalten ein Produkt der Welt - eben dieser Welt, die doch, weil sie eine vorgestellte ist, zugleich ein Produkt der Seele ist.“
(Georg Simmel in: Die Philosophie des Geldes)
Alle Formen und Dinge sind das Ergebnis vergangener Ereignisse, die so viel Kraft hatten, unsere Gegenwart und unser Denken zu beeinflussen:
„Wenn ein Gegenstand uns in der Vergangenheit Freude bereitet hat, dann reicht in der Gegenwart der bloße Anblick oder auch nur die bildhafte Erinnerung daran, um ein Glücksgefühl hervorzurufen. Seine erneute Konsumption ist dafür nicht mehr notwendig.“
(Georg Simmel in: Die Philosophie des Geldes)
© Katja Tropoja
Kommentar schreiben